Denkfallen
Entscheiden ist lernbar.
Kopf oder Bauchgefühl? Wir entscheiden längst
nicht immer so rational, wie wir glauben möchten.
Mit einfachen Methoden lassen sich bekannte Denkfallen umgehen.
Management bedeutet, Entscheidungen zu treffen; Entscheidungen, die langfristige Folgen haben, grossen finanziellen Schaden anrichten können und viele Menschen direkt betreffen. Führungspersonen sind sich dieser Verantwortung in der Regel bewusst. Aber längst nicht allen ist klar, dass ihre Entscheidungen nicht nur auf logischen Argumenten gründen.
Fehlentscheidungen kommen zustande durch kognitive Verzerrungen, sogenannten Biases. Das sind Mechanismen unseres Gehirns, die uns dazu verführen, nicht-rational zu entscheiden. Beim Confirmation Bias werden Informationen so ermittelt, ausgewählt und interpretiert, dass sie die eigenen Erwartungen bestätigen. Zum Beispiel wenn ein Investor glaubt, dass Technologieaktien immer steigen, nur positive Prognosen liest und Warnungen vor Marktrisiken ignoriert. Verwandt mit den Confirmation Bias ist der Overconfidence Bias. Er beruht darauf, dass Menschen das eigene Wissen und die eigenen Fähigkeiten überschätzen, selbst wenn es an objektiven Grundlagen dafür mangelt. Der Status Quo Bias wiederum bewirkt, dass Veränderungen mit unbekannten Folgen zugunsten des bekannten Ist-Zustands abgelehnt werden. Ein Patient bleibt beispielsweise bei seiner aktuellen Behandlungsmethode, weil er sich an das Vertraute gewöhnt hat. Dies, obwohl eine neue Therapie bessere Erfolgschancen verspricht. Im geschäftlichen Kontext spielt zudem die Dynamik im Team eine grosse Rolle. Hierarchien – sowohl offizielle als auch inoffizielle –, Gruppendruck oder bestehende Seilschaften können eine vordergründig gemeinsam gefällte Entscheidung beeinflussen.
Psychologen raten, wichtige Entscheidungen ausgeschlafen, nicht mit leerem Magen oder unter Zeitdruck zu fällen. «Eine Nacht darüber schlafen» ist deshalb ein guter Rat. Nützlich ist es auch, sich bewusst Fragen zu stellen: Wie fühle ich mich mit dieser Entscheidung? Welches Ziel möchte ich erreichen? Brauche ich zusätzliche Informationen? So kann man eine innere Distanz aufbauen und allfällige Biases eher erkennen. Um unvoreingenommener an eine Entscheidung heranzugehen, gibt es einfache Tricks – zum Beispiel die bewährte Pro-Kontra-Liste. Sie zwingt uns, auch über Gegenargumente nachzudenken. Wir haben einige weitere Methoden zusammengestellt, die sich in der Praxis gut bewährt haben.
Unsere Praxistipps
Prae-Mortem – eine vorausschauende Rückschau
Scheitert ein Projekt, analysieren wir, was schiefgelaufen
ist. Die Prae-Mortem-Analyse führt diesen Prozess durch,
bevor das Projekt «gestorben» ist. Das Team versetzt sich
gedanklich ans Ende des Projekts und führt alle Gründe
auf, die zum Fehlschlag geführt haben. Danach wird analysiert
und gewichtet: Wo hat das Projekt tatsächlich Schwächen?
Was können wir verbessern?
Advocatus Diaboli – des Teufels Anwalt
Eine Person des Entscheidungsgremiums kritisiert jede
Idee, die auf den Tisch kommt. Der Advocatus Diaboli ist
unbequem, stellt infrage, widerspricht. Das hilft, die Position
der Gegenseite besser zu verstehen und die eigenen
Argumente zu schärfen.
Junior speaks first
In einer Diskussion darf die Person mit dem niedrigsten
Rang ihre Meinung zuerst äussern, die ranghöchste Person
ergreift erst am Schluss das Wort. So wird verhindert, dass
Mitarbeitende Gegenargumente zurückhalten, nur um
nicht negativ aufzufallen.
Das Ziel all dieser Methoden ist letztlich immer dasselbe: bestehende Überzeugungen zu hinterfragen. Um wirklich besser zu entscheiden, braucht es nämlich die Bereitschaft, das eigene Denken kritisch zu prüfen.